Wie der Mindestlohn tatsächlich die Pressefreiheit gefährdet

In diesen Tagen wird meine Zeitung morgens sehr unregelmäßig geliefert. In den vergangenen zwei Wochen war sie fünf Mal nicht um 7 Uhr im Briefkasten, wie es die Norm sein sollte. Heute scheint sie überhaupt nicht zu kommen. Ich bin nach mehreren Reklamationen kurz davor, dem Süddeutschen Verlag mit der Kündigung zu drohen: Ich brauche keine Zeitung, die ich abends bekomme; ich will sie morgens in der Bahn lesen. Außerdem ist es schlicht und einfach Vertragsinhalt, dass die Zeitung um 7 da ist. Ich zahle dafür und will die Gegenleistung auch bekommen.

Auf meiner samstäglichen Morgenrunde mit dem Hund, heute etwas später, gegen 10:30 Uhr, traf ich zufällig den Zeitungsboten. Ich quatschte ihn an, ob er tatsächlich jetzt erst die Zeitungen bringe? Er antwortete ja, offensichtlich schon. Ich: Sie waren in den vergangenen Tagen auch häufiger mal spät dran, oder? Er: Ja, ich weiß, das liegt daran, dass wir wegen dem Mindestlohn keine Leute mehr finden und deshalb total unterbesetzt sind. Sobald es irgendein Problem gibt, mal jemand krank wird, kann niemand mehr einspringen. Ich musste letztens an einem Tag drei Touren machen.

Ich verstand erst gar nicht, was das mit dem Mindestlohn zu tun haben sollte. Bis er meinte: Die Merkel war deswegen ja extra vier Mal bei Dumont.

Stimmt, dämmerte es mir – weil die Verleger massiv dafür lobbyiert hatten, dass am Ende die Zeitungsboten noch für einige Zeit vom Mindestlohn ausgenommen wurden! Weil es, so die Drohung, die Pressefreiheit gefährden würde, wenn die Zeitungsverleger ihren Boten den Mindestlohn zahlen und deswegen ihre Publikationen verteuern müssten.

Tatsächlich ist es jetzt exakt umgekehrt: Menschen, die sich für niedrig qualifizierte Arbeit interessieren, machen einen Bogen um Zeitungsboten-Jobs, weil sie anderswo den Mindestlohn bekommen, dort aber nicht. Und so müssen die Verleger ihre Publikationen nicht verteuern, bekommen sie aber nicht mehr zu ihren treuesten Kunden: den Abonnenten.

Über das Eigentor-Desaster mit dem Leistungsschutzrecht wurde in den letzten Tagen ja ausführlich berichtet. Und beim Mindestlohn nimmt nun dasselbe Elend seinen Lauf: Lange haben die Zeitungsverleger gekämpft, die Kanzlerin persönlich überzeugt, und ihr Ziel erreicht, die Zeitungsboten vom Mindestlohn auszunehmen. Und nun stellt sich heraus, dass diese Maßnahme präzise kontraproduktiv ist.

Und wenn man mal ganz kurz scharf hindenkt, dann meint man fast, dass man darauf auch vorher hätte kommen können.

Wer auch immer die deutschen Zeitungsverleger berät, der müsste sich so langsam auf Schadenersatzklagen einstellen.

[UPDATE] Nachtrag am 19.11. zur Position des Süddeutschen Verlags in dieser Sache.

65 Gedanken zu “Wie der Mindestlohn tatsächlich die Pressefreiheit gefährdet

  1. Der Mindestlohn war ohnehin ein Fehler und sollte abgeschaft werden. Deutschland liegt hinter dem durchschnittlichen Weltwirtschaftswachstum von 3.3% mit seinen 1,4% in den neusten Prognosen zurück. China hat eine Prognose von 7.1%.

    Kein Mindestlohn auf kosten der Wettbewerbsfähigkeit lieber mehr Geld für die Mittel- und Oberschicht.

    Wenn es nur darum geht das die leute mit niedrigem Einkommen dem Staat nicht auf der Tasche liegen hätten auch 7EUR pro Stunde gereicht denn damit kommt man auch über die ALG II (Hartz IV) Bemessungsgrenze.

    1. Arbeiter schreibt:

      Der Zeitungsbote konkurriert mit China?
      Mehr Geld für die Oberschicht (sprich Lichtenstein)?
      Krasser Blödsinn.

    2. Karl Kraus schreibt:

      Ohjeohjeohje. Ich schließe mich sternburgs Post an. Darüber hinaus wünsche ich Ihnen, in die Lage zu geraten, auf Jahre hinaus mit 40 Stunden Arbeit die Woche lediglich das sogenannte Existenzminimum zu erreichen.

      Zum Artikel:
      Falls dieses Problem flächendeckend auftreten sollte, passiert jetzt wenigstens mal ansatzweise das, was auf Märkten passieren soll: Wer ein schlechtes Angebot macht, also z. B. scheiße bezahlt, bekommt keine Nachfrager. Ätsch. Übrigens ist es unglaublich geheuchelt, wenn man das Zeitungssterben anführt, um den Mindestlohn ablehnen zu wollen. Die Verlage haben seit Generationen nicht anständig bezahlt. Sie konnten das durchziehen, weil jede Branche, der das möglich war, ebenso niedrige Löhne gezahlt hat, für Niedrigqualifizierte also keine attraktiveren Ausweichmöglichkeiten existierten.

    3. entejens schreibt:

      es ist immer wieder erstlaunlich, wie man rein nur auf die prozente schauen kann ohne die basis und andere dinge, die damit zu tun haben, zu betrachten (wie auch in der öffentlichen diskussion um forderungen von gewerkschaften in tarifverhandlungen). und wieso 7 € die stunde reichen sollen, damit man der gesellschaft (nicht dem staat!) „nicht auf der tasche liegen“ muß, ist mir ein rätsel (stichwort „wohngeld“ als beispiel, auf das man mit diesen 7 €/h auch als single oft anspruch hat).
      in fast ganz europa gibt es einen mindestlohn – die haben alle einen fehler gemacht? alle??? *grübel*

    4. DerDicke schreibt:

      Selten so einen Blödsinn gelesen. Der Binnenmarkt stagniert seit den 90er Jahren, weil wir seit 20 Jahren Lohnzurückhaltung fordern, gleichzeitig steigen die Einkommen und Vermögen der oberen 5% in Höhen die sich nicht mehr verkonsumieren lassen, selbst bei einem neuen Ferrari jede Woche.
      Wir brauchen echt keinen Mindestlohn, sondern einen angemessenen Lohn, der im Moment zwischen 30% und 200% oberhalb der gezahlten Löhne liegt. Dann klappt es auch wieder mit der Binnennachfrage. Und die Eurozone würden wir dann auch nicht aktiv sprengen.

    5. entejens schreibt:

      @DerDicke: wobei es dabei ja nicht nur um das aktuelle auskommen (und den damit verbundenen konsum) geht sondern auchum das zukünftige als rentner. deshalb sind möglicherweise die 8,5 euronen nach heutigen berechnungen auch zu wenig (so die linke).

    6. HansDampf99 schreibt:

      Ironie und Satiere sollten gekennzeichnet werden. Es könnte sonst jemand auf die Idee kommen Du meinst das ernst!

  2. Typischer Neo Lib Rohrkrepierer, aber der Staat hilft ja sicherlich.
    Solange die Lobbyisten gnadenlos das geld reingeschoben bekommen und unter Betriebsausgaben verbucht werden solange wird sich das System auch nicht ändern.

  3. Zeitungsbote schreibt:

    Mein Nebenjob war es zwei Jahre lang, mit einem VW Bus nach Frankfurt zu fahren, die FAZ abzuholen und in einer anderen Stadt beim örtlichen Verteilzentrum abzuliefern. In der Nacht vom Samstag zum Sonntag holte ich die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und trug sie aus, weil im Verteilzentrum niemand arbeitete. Mir wurden 6 Euro die Stunde versprochen. Jedoch brauchte ich immer länger als veranschlagt, so dass ich auf ca 5 Euro kam. Nach zwei Jahren hatte ich die Nase voll und schmiss hin. So ist das in der Branche.

    1. Bla Blub schreibt:

      Ich habe damals noch als Schueler eine ganze Zeit ebenfalls ein Kaeseblaettchen ausgetragen. Bezahlt wurde ein Fixbetrag pro Exemplar und zusaeztlich einer fuer jede Werbebeilage. Abhaengig davon, wie die jeweilige Tour aussah, wie weit man also durchschnittlich pro Zeitung laufen musste und wie viele Beilagen jeweils enthalten waren, sah dann der Verdienst pro Stunde mal mehr und mal weniger bescheiden aus. Ueber 6€/h ware ich aber auch bei einer Traumtour und 5 und mehr Beilagen nicht gekommen.

  4. sternburg schreibt:

    Nur mal als Ergänzung: Als ich noch Abonnent der Berliner Zeitung war habe ich jedes mal, wenn die nicht rechtzeitig im Briefkasten war, einen Gutschein für den Kiosk bekommen. Damit kann man sich beim nächsten Mal dann auf dem Weg zur U-Bahn Ersatz besorgen. Machen die bestimmt auch woanders und heute noch so.

    Ändert natürlich nichts an der sehr schönen Beobachtung.

    @Marc Alexander: Das Bewusstsein. mich auf fremden Webspace zu befinden hindert mich daran, ihnen gegenüber auszudrücken, was ich von ihnen halte.

  5. kleitos schreibt:

    @ Marc Alexander
    Richtig – für die Wettbewerbsfähigkeit ware die EInführung der Leibeigenschaft inklusive Hand- und Spanndienste wieder wünschenswert.

    Und es stimmt ja auch gar nicht, dass man mit ehrlicher Arbeit nicht reich werden könne: es darf nur nicht die eigenen sein …

  6. Yoyo schreibt:

    Was hat der reißerische Titel jetzt mit dem Thema zu tun? Die Pressefreiheit besagt nicht, dass jeder das Recht hat, um 7 seine Zeitung geliefert zu bekommen.

    1. entejens schreibt:

      sehr viel hat er damit zu tun – denn die gefährdung der pressefreiheit durch einen mindestlohn wurde nicht vom autoren propagiert sondern durch vertreter der medien. die frage also bitte dorthin stellen!

    2. Was entejens sagt. Deswegen auch das „tatsächlich“ im Titel, dessen reißerischer Tenor eben ein Zitat des Lamentos der Verleger ist.

  7. Wilz schreibt:

    Mal davon abgesehen, dass das eine recht witzige Entwicklung ist, muss doch angemerkt werden, dass dies nichts mit Pressefreiheit zu tun hat. Die Pressefreiheit stellt lediglich sicher, dass jedermann veröffentlichen, verbreiten und sich informieren _darf_.

    Natürlich wäre eine Situation denkbar, in der der Staat etwa durch astronomische Sondersteuer(n) für Presseerzeugnisse die Pressefreiheit de facto einschränkt oder gar abschafft, aber das ist ja hier nicht der Fall. Billigste Arbeitsskräfte zur Verfügung zu stellen ist jedenfalls nicht Teil der Pressefreiheit.

    1. entejens schreibt:

      richtig, das ist nicht teil der pressefreiheit. aber warum sorgen sich die medienvertreter dann um diese, wenn es um den mindestlohn geht?

    2. turtle of doom schreibt:

      Die Pressefreiheit existiert allenfalls für Webseiten. Aber ein neues Printmedium von der Grösse der Berliner Zeitung herauszubringen benötigt Millionen-Investitionen.

      Eine Freiheit, die nur von Investoren genutzt werden kann, ist nur noch dem Namen nach eine. Somit ein weiterer Grund, warum Niedriglöhne nichts und rein gar nichts mit Pressefreiheit zu tun haben…

    3. entejens schreibt:

      „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“
      da steht also nix davon, daß die pressefreiheit nur ein recht von einzelnen ist. du darfst auch autos oder lebensmittel produzieren (unternehmerische freiheit) – nur benötigst du dafür auch millionen- bzw. milliardeninvestitionen. ist also logisch (auch dem namen nach), daß die pressefreiheit nur für die presse gilt. das andere ist die meinungsfreiheit.
      und wenn die verlage nicht bereit sind, das notwendige geld für das verbreiten der presse auszugeben, dann ist das zwar ihre unternehmerische freiheit, sie gefährden aber letztlich sehr wohl ihre eigenen publikationen (und damit die pressefreiheit).
      und es gibt auch zeitungen (also mindestens eine), die nicht von einem großinvestor getragen wird, sondern von vielen kleinen. es ist eine frage des konzeptes, noch mehr aber, ob für eine zeitung auch die erforderliche größe der leserschaft da ist.

    4. turtle of doom schreibt:

      @ entejens: Hohles Gelaber? Weil es gut klingt, sich als Verfechter der Pressefreiheit darzustellen?

    5. entejens schreibt:

      nein, nicht „weil es gut klingt, sich als Verfechter der Pressefreiheit darzustellen“, sondern weil der Beobachter unterstellt, daß das zeitungsaustragen ein vollzeitjob sei. wenn das richtig wäre, dann wären ja seine schlußfolgerungen so ok, es ist aber falsch – und damit seine schlußfolgerungen ebenso. er hat einfach nicht nachgedacht (meine vermutung), sondern eben nur gelabert.

  8. Padde schreibt:

    @surfguard
    Ich denke nicht, dass es reine Dummheit der Verlage war. Sicherlich im Hinblick auf die aktuelle Lage nicht zuende gedacht. Die Situation sagt extrem viel über das Welt- und Menschenbild der Verlagsleiter aus: “ Wir haben die Möglichkeit und ja bestimmt auch irgendwie die moralische Rechtfertigung bei Mutti an die Tür zu klopfen um ein Gesetz das von der überwiegenden Zahl der Bevölkerung and die Tür zu klopfen und mal anzumerken: so nicht! Und wenn wir noch Jahr lang unsere Schreiberlinge dran setzen um immer wieder diesen unmöglichen Mindestlohn bei jeder sich bietenden Möglichkeit klein zu reden. Und das mit dem Zeitungssterben sollen sie auch gleich noch totschreiben. Das sind echte Talente wie die es schaffen die Realität und mein Weltbild in Einklang zu halten, so falsch kann ich ja gar nicht liegen. Ausweichmöglichkeit: naja, wenn es schon sein muss, verhandeln wir doch unsere Lieferknechte da rauß.“
    Nur dass eben Zeitungsliefern kein Beruf ist (zu dem sich die allermeißten mit Hingabe berufen fühlen würden) sondern eher eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Es ist eben keine Klasse. Und herrlich wie der Verlagsleiterklasse nun der Mark in den Hintern tritt :D
    Ich sage daher allen verbleibenden Zeitungsauslieferern: Wenn sie weiterhin so tun als wenn sie euch bezahlen, tut ihr weiter so als würdet ihr arbeiten. Denn wie ihr seht seid ihr zur Zeit in einer wesentlich besseren Verhandlungsposition!

  9. Yoyo schreibt:

    > sehr viel hat er damit zu tun – denn die gefährdung der pressefreiheit durch einen mindestlohn wurde nicht vom autoren propagiert sondern durch vertreter der medien. die frage also bitte dorthin stellen!

    Dieser Artikel heißt „..tatsächlich die Pressefreiheit gefährdet“. Mag ja sein, dass das ein Spin der Verlage ist, aber das „tatsächlich“ finde ich hier nicht erklärt.

    1. entejens schreibt:

      wirklich nicht? wenn ich die pressefreiheit ausleben will, dann bedeutet das, „dass jedermann veröffentlichen, verbreiten und sich informieren _darf_.“ (zitat von Wilz)
      veröffentlichen: ein medium erstellen (z. b. zeitung)
      verbreiten: dieses medium „unter die leute bringen“. wenn ich das nicht selber machen will, dann muß ich jemanden finden, der das macht. den muß ich dann im allgemeinen auch bezahlen. wenn ich zu wenig zahle, dann finde ich keinen.
      sich informieren (informationsfreiheit): gehört nicht zur pressefreiheit, ist aber u. a. mit dieser zusammen im artikel 5 GG verankert.

  10. katha schreibt:

    DAS ist exakt der grund warum ich mit sicherheit keinen job als zeitungsträgerin mache-ich hab 4 Jahre ausgetragen, dann wurde der aufwand so zu viel(beilagen, 50 exemplare mehr) dass ich gekündigt habe. Wenn ich für 20+x stunden nichmal auf 100€ komme dann ist das Zeitverschwendung-miete muss ja nu auch irgendwoher kommen.

    1. Ich kann nicht mit Statistiken dazu dienen. Nur mit einem Indiz und einer Zeugenaussage, die ich beide geschildert habe. Und es könnte sogar sein, dass 5€ Lohn jetzt als Ausbeutung empfunden werden, für die man lieber gar nicht arbeitet.

    2. Alex schreibt:

      ? Zeitungaustragen ist für die Mehrzahl der Leute ein Nebenjob – und schlechbezahlte Nebenjobs gibt es verdammt viele, vom Spielcasino bis Tankstelle über Supermarkt usw usf. Schwierig wird es erst, wenn man mehr Ansprüche stellt, wie zB eine ordentliche Entlohnung, wenn ordentliche Arbeit verlangt wird oder solche Selbstverständlichkeiten … Zu dem schlechten Lohn der Zeitungausträger kommt ja noch, dass ständig die eigenen (!) Räder repariert werden müssen, bestimmte Teile der Kleidung einfach leiden usw und das alles oftmals im zu geringen Lohn enthalten sein soll oder pauschal mit einer natürlich nicht kostendeckenden Pauschale abgegolten wird. Und am besten muss man ja auch ein Zweitrad vorhalten, damit man immer eines in petto hat, wenn das eine kaputt ist oder man trägt mit dem eigenen Handkarren aus, den man sich ja extra für den Job angeschafft hat und im Winter sowieso eher braucht, weil man bei den nichtgeräumten Straßen mit dem Rad auch nur schwer vorwärtskommt, wenn man es als reinen Lastenesel benutzt und schiebt. – Erfahrungen aus dem Austragen einer Tageszeitung.

      P.S. Musste auch mal mehrere Touren auf einmal machen, ein FAZ-Kunde hätte mich nach einer Woche fast erwürgt, weil Kunde König einfach manchmal furchtbar dumm ist und Verantwortlichkeiten nicht auseinanderhalten kann, ich habe die Zeitung verspätet geliefert, also bin ich die Schuldige für die Verspätung, Jo!. (Zeitungen werden erst ab einer gewissen Uhrzeit beim Austräger angeliefert, vorher kann der nicht loslaufen, da nützt es bei einer bestimmten Menge von Zeitungen auch nix mehr, früher aufzustehen, damit die Leser ihre Zeitung rechtzeitig im Kasten haben. Man fängt dann aber auch nicht an, die Touren wechselhaft auszutragen, damit mal der und mal der die zu spät bekommt, weil man dann die Touren gar nicht reinbekommt und Fehler produziert, mehr Leute also versehentlich gar keine Zeitung bekommen.)

  11. UK schreibt:

    Mein Nachbar hatte in den 80ern Lebensmittel-Webeblätter verteilt und diese häufig zum Großteil in einer vorbeikommenden Wasser- oder Mülltonne versenkt.

    1. Johanna Walther schreibt:

      Das kann er gerne 1-2 mal so machen, in strukturschwachen Regionen wahrscheinlich auch öfter. Geschieht das in einer halbwegs gutbürgerlichen Gegend, hagelt es für jedes vermisste Werbeblättchen anrufe in Redaktion/Vertrieb der Trägerblattes …

  12. Stefan schreibt:

    Unsere Politiker werden sicher schon noch eine Idee bekommen. Notfalls werden Hartzler zwangsverpflichtet, um den Verlegern ihre Gewinne zu sichern. Denn die machen sie immernoch, auch wenn die Trauben höher hängen.

    1. Alex schreibt:

      Ja, aber nur die, die vorher nen Alkoholtest bestanden haben ;) (Hier in der Region ist das mal ein wenig schief gegangen, die haben sich Tetra-pack Wein (1,5 l) genommen und beim Austragen getrunken, kamen lustige Ergebnisse …)

  13. Zeddi schreibt:

    Vorweg: Meine Freundin hat zurzeit keinen Job, wir bekommen keinerlei Staatliche Zuwendungen. Tatsächlich müssen wir, da wir nicht verheiratet sind, auch noch zusätzlich die Krankenkassenmindestbeiträge bezahlen. Zwar reicht ein Gehalt, aber aus dem ein oder anderen Grund wäre ein wenig zusätzliches einkommen durchaus begrüßenswert.

    Aufgrund einiger umstände kann meine Freundin aber nur einige sehr begrenzte Tätigkeitsfelder ausüben, so das wir uns auch über das Zeitungsaustragen informiert haben das dies „drinne“ gewesen wäre. Wir wohnen in Niedersachsen, und laut der Tagezeitung fehlen _zuverlässige_ Zusteller massenweise.

    Kurzum: Das ist nicht verwunderlich, wenn das Angebot derartig unattraktiv ist. So grobe Richtung: Um die 100EUR für 2x die Woche ca. 4-6 Stunden einen Monat lang Zeitung austragen. Das macht einen Lohn von um die 2-3 EUR / Stunde. Zusätzlich kam hinzu das keine Zeitung bereit war feste Lohnzusagen zu machen. „Das kann auch mal schwanken“ – also für so wenig Geld könnte man zumindest feste Gehaltszusagen erwarten. Teilw. sollte in einigen Gebieten sogar noch mit eigenem! PKW ausgefahren werden, da sollte es dann evtl. noch 10!Cent/km dazugeben – so genau und wie die strecke berechnet wird, wollte man uns aber nicht verbindliche zusichern. Das deckt nicht mal den Sprit.

    Und das zu Arbeitszeiten zwischen 4 und 7 Uhr Morgens? Sorry, aber da „könnte“ ich mir vorstellen das man da nur die letzten Spackos kriegt die das machen wollen.

    Nen bekannter von mir trägt schon länger Zeitungen aus – da er sich da auf keine Diskusionen einlässt was ein ändern der ursprünglich ausgehandelten Konditionen angeht, bekommt er wohl noch ein relativ „faires“ Gehalt.

    1. Kleptokratie 2014 schreibt:

      Ja, die Abzocke mit der Bedarfsgemeinschaft u.ä.. Mehr Geld? Hier, Bitte: „Freiwilligen Unterhalt“ überweisen (max. 667 EUR + die KV-Beiträge zahlen) und absetzen. Spart beim Gehalt einen dreistelligen Betrag. Dazu mal belesen. ;-) Grüße aus Niedersachsen

    2. Kleptokratie 2014 schreibt:

      Knapp off topic? Na und? Bye the way totaly matching the topic of the comment before. In sofern nicht off topic. Helps in der geschilderten Situation signifikant. Ende der Antwort auf den denglischen Einwand.

  14. zeitung lesen in der bahn? wozu soll das gut sein? da guckt ma doch raus und freut sich am aktuellen nebel?
    zeitung am morgen ? irgend so nen old school fetischismus vermute ich, oder was? du beschwerst dich doch auch nicht, dass deine milch nicht mehr morgens mit dem milchmann kommt oder? haste auch noch nie vermisst? siehste… das mein ich eben…
    wegen dem scheiss der auf das papier gedruckt wurde muss doch der arme paperboy nicht morgens um vier durch die kälte laufen oder? eilnachrichten abhänigigkeit wird geheilt oder über radio befriedigt: und das seit 100 Jahren… überhaupt morgens lesen, das ist ja abartig, alleine die vorstellung…
    papiermäßige alternative?
    hol dir einmal pro monat die konkret, haste mehr von, und ansonsten was stramm rechtes im netzi für umme , junge freiheit / preussische allgemeine oder sowas. gute alte links/rechts kombi, können die lauen ausgespuckten der mitte sich gar nicht vorstellen…. kommt geil ! da haste bald keinen bock mehr auf faz, fr oder taz (oder gar spiegel, würg) kann ich dir versprechen…
    etwas ernster: papierdruckmacht = anzeigenmacht = tendentiell fallende inhaltsrate.
    für den paperboy ist das natürlich mist, aber im ernst: für die pressiburschen ihren müll rumtragen ist auch keine anständige arbeit, das wäre auch so nicht mehr lange gut gegangen.

  15. Beobachter schreibt:

    Da bin ich ja beruhigt: Wir haben offensichtlich Vollbeschäftigung, Niedrigqualifizierte finden offenbar ganz leicht einen mindestlohnbezahlten Job. Dann ist der Mindestlohn in der Tat kein Problem! Und Hartz IV erübrigt sich demnächst dann auch mangels Nachfrage (das ist eine logische Folge …). Und auch die 30.000 Taxifahrer, die Ende des Jahres ihren Job verlieren, bekommen dann schnell was anderes. Vielleicht sogar ohne Schichtdienst und so. Eine gute Nachricht! Die Ökonomen in Deutschland haben sich also umsonst Sorgen gemacht …

    1. NeulandFrucht schreibt:

      Werter Hr Beobachter,

      ein Job der zum Überleben nicht reicht ist soviel Wert wie kein Job. Sie irren in der Annahme das (Voll-)Beschäftigung die treibende Kraft bei Ausführung eines schlechtbezahlten Jobs ist.

      Als jemand der weit ab der alten Schlandheimat in einem 4. Welt Land lebt, kann ich ihnen auch gewissenhaft mitteilen, dass Vollbeschäftigung überall gegeben ist. Riesige Jobbereiche, wie beispielsweise Kriminalität, SIND eine Alternative, für viele die einzige. Ich hoffe sie stimmen zu, dass das suboptimal ist.

    2. entejens schreibt:

      bei soviel laberei wurde wohl das denken vergessen. zeitungsaustragen ist KEIN vollzeitjob (genausowenig wie werbung austragen). unter diesem aspekt vielleicht nochmal von vorn.
      und es gibt auch keinen nachtzuschlag (für die zeit vor 6 uhr) bzw. sonntagszuschlag (werbung austragen), in vielen branchen normalität.
      ach ja, taxifahrer – jeder dritte ist aufstocker (durchschnittliches einkommen 1256 € im monat, brutto), von wegen, hartz iv hat sich erledigt.

  16. NeulandFrucht schreibt:

    Na bei solch einer Serie an Eigentoren wünsche ich den alten Medien noch gute verbleibende Resttage.

    Haben sie den nun schon ihr Abo gekündigt oder kommt das noch, werter Hr. Safeguard?

  17. Aufwiegler schreibt:

    Hmmm, aber wofür hat Gerry dann das Hartz-IV-Gesetz gemacht?
    Kann man denn nicht diese Sozialschmarotzer zwingen, den Porsche des Verlegers zu erarbeiten, wenn’s schon Niemand mehr freiwillig macht?
    Jaaa, wir müssen per Aufstockung trotzdem noch draufzahlen. Aber dem Schmarotzer hammers ma so rischtisch jezeigt!

    1. Schon klar, aber wer sich jetzt nach einem Job umsieht, wird nicht mehr Zeitungsbote. Und die Boten, die abspringen, tun das vielleicht auch nicht erst mit den aufsteigenden Silvesterraketen.

    2. Alex schreibt:

      Ja, aber ab 2015 gilt der Lohn nicht für Zeitungsausträger, also, warum soll man da noch weitermachen, wenn eh keine Besserung in Sicht ist?

  18. Hakke schreibt:

    Die Presse ist eh nur noch Gehirnwäsche.
    [Weiteres, zeilenlanges, rassistisches, nichts zur Sache tuendes und auch sonst verwirrtes Gedankengut gelöscht. Bitte suchen Sie sich ein anderes Blog zum Vollkotzen, Hakke!
    ~surfguard]

  19. egal schreibt:

    Ich habe vor zehn Jahren mal einen Tag als Zeitungsausfahrer Probe gearbeitet und vermute, dass der Mindestlohn die Zustellung nicht großartig beeinträchtigen wird. Denn die meisten Zeitungszusteller, zumindest in der Berliner Innenstadt, sind Flüchtlinge, die gar nicht legal zum Mindestlohn arbeiten können.

    Es gibt ein paar Afrikaner, die legal arbeiten können, und für 15 Touren bezahlt werden. Ausgetragen werden die Zeitungen dann aber von schwarz arbeitenden Subunternehmern.

    Theoretisch betrug der Stundenlohn vor zehn Jahren um die Fünf Euro. Allerdings gab es erhebliche Strafzahlungen: nicht zugestellte Zeitung 25 Euro, Zeitung im Briefkasten, obwohl sie vor die Tür hätte gelegt werden müssen 15 Euro oder so. Realistisch kamen die meisten Zusteller daher auf weniger.

    Bedenkt man, dass der Afrikaner, der für 15 Touren bezahlt wurde, auf sein Einkommen Steuern und Sozialabgaben entrichten muss, dürfte für die afrikanischen Subunternehmer der Stundenlohn so um die 2 bis 3 Euro betragen haben.

  20. Joey schreibt:

    Wenn sich das Austragen der Zeitung mit dem Mindestlohn nicht (mehr) rechnet, wird es Zeit für die Verlage das Geschäftsmodell zu überdenken und ggf. den Laden zuzusperren. Ansonsten hilft ein Rückgang der Abonnenten bei einer nötigen Erhöhung des Ausgabenpreises ebenfalls den Austrägern: die sind dann mit den verbliebenen Kunden eher fertig. =)

    1. Alex schreibt:

      Ja, oder man zahlt einfach auch mal ein bisschen mehr für sein Abo oder die Querfinanzierung durch die Nichtabonnenten wird dann noch ein bisschen weiter ausgebaut, weil die treuen Kunden ja so wichtig sind, dass sie keine kostendeckenden Abogebühren zahlen …

      (Ja, meinetwegen auch Abschaffung der Papierzeitung, aber noch sind nicht alle Leute so weit, bis dahin gibt es diese Jobs)

  21. Julian schreibt:

    Diese transatlantische Propaganda sollte man seinem Gehirn eh nicht länger antun!
    Weshalb man solche Sklaven und Kriegstreiber überhaupt noch unterstützt, ist mir ein Rätsel.
    Dann doch lieber auf telepolis kostenlos lesen und mal ne Werbung klicken.
    Und wenn man unbedingt Geld ausgeben möchte, gibt’s ja noch das neue Buch von Udo Ulfkotte http://www.amazon.de/Gekaufte-Journalisten-Udo-Ulfkotte/dp/3864451434 !
    Wem das zu trocken sein sollte, der kann sich ja „Die Anstalt“ vom 23.9. ansehen. Mit das einzige was die ÖR noch sehenswertes produzieren! :(

  22. Heute wieder keine Zeitung erhalten und an den Süddeutschen Verlag geschrieben:

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    in den vergangenen Wochen ist mein Abo-Exemplar fast schon häufiger nicht oder zu spät gekommen, als dass es pünktlich um 7 Uhr im Briefkasten war. Auch heute habe ich wieder keine Zeitung erhalten.

    Als ich den Zeitungsboten neulich, samstags, gegen 10:30 Uhr persönlich traf und darauf ansprach, sagte er mir, das liege daran, dass seine Agentur wegen des Mindestlohns keine Boten mehr finde, deshalb stark unterbesetzt sei und Ausfälle nicht mehr kompensieren könne. Er selbst habe einmal drei Touren übernehmen müssen.

    Ich fragte mich erst, wie der Mindestlohn daran Schuld sein könnte – bis mir einfiel, dass Ihre Boten diesen Mindestlohn ja eben gerade nicht bekommen und auch in absehbarer Zukunft nicht bekommen sollen. Die potenziellen Boten der SZ meiden also scheinbar diesen Job, wenn Sie anderswo 8,50 Euro pro Stunde erhalten können, als Zeitungsbote aber wohl kaum 6 Euro.

    Ich habe über dieses Erlebnis auch gebloggt (unter https://surfguard.wordpress.com/2014/10/11/wie-der-mindestlohn-tatsachlich-die-pressefreiheit-gefahrdet/) und damit einige Aufmerksamkeit erhalten, so auf wirres.net, bildblog.de und blog.fefe.de.

    Ich möchte Sie um zwei Dinge bitten:

    1. Konkret bitte ich Sie darum, dafür zu sorgen, dass ich meine SZ wieder regelmäßig erhalte. Sollte der jetzige Zustand anhalten, brauche ich kein Abo und würde mich zu einer Kündigung gezwungen sehen.
    2. Bitte überdenken Sie Ihre Position zum Mindestlohn und zahlen Sie ihn auch Ihren Boten. Ich bin bereit, dafür eine angemessene Kostenerhöhung zu tragen.

    Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen,
    surfguard

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